1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

Vorwort

Die Geschehnisse des Weltkrieges 1914-1918 liegen weit zurück. Auch mir war es unter vielen Millionen Volksgenossen beschieden, mitzukämpfen. Fröhliche ungebundene Zeiten haben wir draußen in Feindesland verlebt. Schmerzlicher war manche Stunde, die uns in Not und Tod verband.

Ich war nur ein einfacher, unbedeutender Soldat, ein winziges, unscheinbares Rädchen, das in der großen Kriegsmaschine Jahr um Jahr mitlief, erst munter und froh, voller Kraft. Dann müder und müder, abgenutzt und ohne Schwung — bis es eines Tages zerbrach. Es hat langer Zeit bedurft, ehe aus den armseligen Trümmern, die zum Schluss übrig blieben, wieder ein innerlich und äußerlich gefestigter Mensch wurde.

Nun aber bin ich über den Berg und wage den Schritt, alte Erinnerungen auszugraben – ohne noch einmal an ihnen zugrundezugehen.

Dass dies überhaupt möglich ist, verdanke ich meinem fast lückenlos geführten, aus zehn kleinen Heften bestehenden Kriegstagebuch in Kurzschrift. Ich hatte es begonnen wie so viele meiner Kameraden und hielte es für eine leichte Aufgabe. Gar bald aber sollte ich spüren, welch ungeheuren Anforderungen Wind und Wetter, Marsch und Kampf an die schreibende Hand stellten. Mancher meiner Kameraden gab das Rennen schon nach wenigen Tagen, Wochen oder Monaten auf. Sein körperliches Wohlbehagen schien ihm wertvoller. Jede Minute der Rast und Ruhe wurde restlos ausgekostet.

Ich war mehr als einmal daran, ein Gleiches zu tun. Doch immer wieder zwang mir der feste Wille, das einmal begonnene Werk auch zu vollenden, den Stift in die Hand. So füllte ich denn allen Widerständen zum Trotz Seite um Seite und Buch um Buch.

Und sonderbar, was mir zunächst Mühe und Plage bedeutete, ward nicht selten Bedürfnis. Meine Bücher wurden mir unentbehrliche Vertraute und Kameraden, die nicht nur Geschautes und Erlebtes getreulich festhielten, sondern oft genug auch über die mannigfachen Widerwärtigkeiten des Feldzuges hinweghalfen.

Was ich heute niederlege, kann diesen Blättern fast unverändert entnommen werden. Nur so ist es mir möglich, denen, die während des Krieges weit vom Schuss ab waren, einen unverfälschten Einblick in das Geschehen an der Front zu vermitteln.

Aber auch die, die gleich mir jahraus und jahrein draußen in Feindesland standen, werden die vergangene große und so bitterernste Zeit noch einmal mit mir im Geiste durchwandern können.

Der Krieg warf uns vom Osten nach dem Westen, vom Norden zum Süden. Saßen wir heute noch in Belgien, so standen wir morgen bereits im Frankenreich. Hielten wir gestern noch treue Wacht in Flandern, so verschlug uns das Schicksal über Nacht nach der Somme, der Aisne, der Champagne – vor die Tore Verduns oder wiederum zum Norden.

Es war kein Wunder, dass wir mit der Zeit “ortskundig” wurden im fremden Land. Auf diese Weise aber werden meine an Ort und Zeit gebundenen Aufzeichnungen selbst für die lesenswert bleiben, die damals nicht unmittelbar mit mir im engeren oder weiteren Verband kämpften, sondern schon vorher oder erst später – und sei es auch bei einer anderen Truppengattung – die einzelnen Frontabschnitte kennen lernten.

Vielleicht wurde manches, was ich in meinen Zeilen berührte, von ihnen in gleicher Weise empfunden. Vielleicht auch weichen ihre Meinungen von der meinen ab.

Ich lasse jede Ansicht gelgten. Wer sich aber berufen fühlt, jemals Betrachtungen über diesen Krieg anzustellen, der sei sich seiner Verantwortung bewusst und schreibe – gleich mir – nach dem Grundsatz : “Sei wahr und offen!”

Ernst Pauleit, Witten im Jahre 1930


  1. Herzlichen Dank Herr Ernst Pauleit für Ihre steten Anstrengungen Ihre Erfahrungen und Eindrücke auch lange nach Ihrer Zeit mit uns Erdenbürgern zu teilen!

    Chris Rene, Wien im Jahre 2014

    Antworten

  2. Ich bin sehr neugierig. Mein Urgroßonkel fiel bei Verdun. Mein Großvater schwer verletzt bei Longion. Doch bis auf einige Feldpostbriefe und der Wehrpaß ist nichts mehr da. Nach der Lektüre E. Köppens Heeresberichtes bin ich wirklich an einer weiteren Facette interessiert. Vielen Dank für die Arbeit

    Antworten

  3. Hallo Bettina,

    der Feed unter https://www.vierzehnachtzehn.de/feed/ funktioniert bei mir leider nicht. Name und Titel werden erkannt, aber imer „0/0 Meldungen ungelesen“
    Mit RSS Reader 1.2.8 und Android 4.3. Andere Feeds laufen perfekt.

    Wie bei Dir / Ihnen ? Falls ja, bitte Tipps geben 😉
    K.L.

    Antworten

  4. Sehr sehr geile Idee, danke dafür!

    Antworten

  5. Vielen vielen Dank für die Mühe und das Herzblut, die in dieses Projekt fließen. Ich verschlinge jede Zeile davon mit großem Interesse und bin täglich gespannt was Neues kommt. Meiner Meinung nach filmreif!

    Hab mich gerade extra hierfür bei Flattr angemeldet, bitte nicht aufhören!

    Antworten

Ein Pingback

  1. Ein interessantes Projekt - Thomas Dyhr

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert