Von Walheim rückten wir erst am 12.8., morgens gegen halb 5 Uhr ab. Bis dahin hatten wir vom Kriege selbst noch nichts gespürt. Nun wurde es anders, denn sofort hinter der deutsch-belgischen Grenze – die wir bei Eupen überschritten – konnten wir feststellen, dass es bei dem Kampf mit dem Feinde um Sein oder Nichtsein ging.
Alle Häuser an der Aufmarschstrasse waren zertrümmert oder niedergebrannt. Kaum einer der Bewohner ließ sich blicken. Dafür stellten wir auf und längs der Strasse große Massen deutscher Truppen fest.
Je weiter wir in Belgien einmarschierten, desto trostloser sah es aus.
In Dolhain hatte man 5 deutsche Ulanen aus dem Hinterhalt erschossen. Zur Strafe für diese heimtückische Tat war eine ganze Häuserfront in Brand gesetzt worden, die noch überall schwelte und qualmte. Die Bewohner des Dorfes gingen mit traurigen Mienen einher und beteuerten jedem, der es hören und nicht hören wollte, dass sie keine Greueltaten verübt hätten und dass man sie ohne Grund um ihr Hab und Gut gebracht habe – doch war der Beweis für ihr Vergehen zu offensichtlich, denn die Lanzen der Ulanen lagen noch zerbrochen auf der Strasse.
Verviers, unser nächster grösserer Durchmarschort, wollte sich anscheinend in der Geschichte des Franktireurkrieges einen besonderen Namen verschaffen. Die Häuser der Eingangsstrassen waren über und über mit Gewehr-Einschusslöchern bedeckt – stummen und doch so beredten Zeugen der fürchterlichen Kämpfe, die sich hier beim Einzug der ersten deutschen Truppen abgespielt hatten und an denen die Bevölkerung gleichfalls nicht unbeteiligt gewesen sein soll. Dass die Deutschen mit kühnem Schneid vorgegangen, schien jedoch seine Wirkung nicht verfehlt zu haben. Man zeigte sich jetzt fast freundlich gegen die Truppen und reichten ihnen sogar unaufgefordert zur Linderung des Durstes Wasser. Wir nahmen es jedoch grundsätzlich nur an, nachdem die Leute selbst davon getrunken hatten. Auch in dieser Hinsicht galt es, der Bevölkerung gegenüber Vorsicht zu üben, da genug Gerüchte von Vergiftungsversuchen in der Luft herumschwirrten.
Immerhin war die Gefahr hinter der Kampflinie inzwischen geringer geworden. Die meisten Häuser der Stadt und aller noch im Laufe des Tages berührten Ortschaften trugen sogar zum Zeichen der (nunmehr?) friedlichen Gesinnung ihrer Bewohner weiße Flaggen.
Abends gegen halb 6 Uhr trafen wir in Olne – unserem Tagesziel – ein. Unmittelbar darauf gingen wir zum ersten Mal in Stellung, und zwar westlich der Höhe von Forêt. Die Protzen wurden rückwärts in einen Talgrund gefahren, daneben ausserdem einige Zelte aufgeschlagen.
Der Marsch in der glühenden Sonnenhitze hatte uns reichlich müde und hungrig gemacht. Trotzdem mussten wir uns mit einigen wenigen, von Walheim mitgenommenen Butterbroten begnügen. Die Feldküche konnte noch kein Essen liefern.
Dafür gab es heute – den 13.8. – morgens 5 Uhr einige Tropfen guten Kaffees. Und wenn alles gut geht, winkt uns auch in diesem Mittag endlich ein anständiges Essen.