Neue Stellung zwischen Aguilcourt und Condé sur Suippes. Verlegung der Beobachtung und der Protzensammelstelle nach rückwärts bei Variscourt. Schwarzer Tag – Volltreffer in Geschützstellung: 2 Tote, 4 Verwundete. Regelmäßige Ablösung der Bedienung. Feindliche Angriffe auf unseren Fesselballon.
Sonntag. Wir dachten gestern Abend nach unserer Rückkehr von der Beobachtung endlich Ruhe zu haben. Bei eintretender Dunkelheit wurde jedoch noch eine neue Batteriestellung, etwa 150m vor der jetzigen, ausgesucht, die während der Nacht auf eine Tiefe von eineinhalb Metern ausgeschachtet werden sollte. Trotz angestrengtester Arbeit konnten wir infolge des außerordentlich harten Bodens bis halb 1 Uhr nachts nur einen dreiviertel Meter in das Erdreich eindringen. Kaputt wie ein Hund suchte ich um 1 Uhr morgens meine Lagerstätte auf.
Der ungestörte Schlaf bis heute morgen 7 Uhr hat mir wieder auf die Beine geholfen. Kaum stecke ich den Kopf zum Loch hinaus, meldet sich auch der Feind mit seinem Morgengruß. Die Granaten schlagen dicht in der Nähe der Batterie ein.
Leider können wir die feindlichen Geschütze, die auf der Höhe von uns mindestens in einer Entfernung von 10km stehen, nicht erreichen. — Hätten wir doch nur unsere Langrohr-Kanonen da!!
Viertel vor 8 Uhr kommt Befehl, eine Leitung eineinhalb Kilometer rückwärts der Batteriestellung auf die Höhe hinter dem Dorfe Aguilcourt zu legen, auf der wir bereits vor einigen Tagen für kurze Zeit waren und jetzt unsere Beobachtung erneut aufgeschlagen haben.
12 Uhr mittags: Unsere Geschütze stehen in der neuen Stellung zwischen Arguilcourt und Condé sur Suippe. Die Fernsprechverbindung nach dort ist aufgenommen. Rechts von uns erleichtert ein deutscher Fesselballon die Beobachtung des feindlichen Hinterlandes. An Versuchen, ihn herunterzuknallen, hat es nicht gefehlt — aber diesmal ist ausnahmsweise der Feind in der unangenehmen Lage, nicht weit genug zu reichen.
Das hat übrigens auch unsere Eisenbahner veranlasst, bis auf 3km an unsere Stellung heranzurücken.
Wie anheimelnd klingt doch mitten in dem Kampflärm nach langer Zeit wieder einmal der Pfiff einer deutschen Lokomotive. Es ist mir fast, als riefe sie schon zur Heimfahrt nach glücklich beendetem Feldzuge — und doch kann der Kampf hier noch 8-14 Tage dauern, wenn nicht irgend eine glückliche Wendung eintritt. Man erfährt rein gar nichts mehr über die Kriegslage, auch nicht über den Stand der Dinge an anderen Fronten.
7 Uhr abends: Die Nachteile des Stellungskrieges machen sich immer mehr bemerkbar. Wir sitzen mit unseren Geschützen mitten im freien Gelände und werden vom Feinde vollkommen eingesehen. Und dieser hat die Gelegenheit bereits wahrgenommen, sich auf unsere Stellung einzuschießen, leider mit dem sehr bedauerlichen Erfolg, dass etwa gegen 5 Uhr nachmittags bei einem Volltreffer der Geschützführer Obergefreiter H. und Richtkanonier H. getötet, die Kanoniere B. und K. Schwer und die Kanoniere St. (Reserve) und D. leicht verletzt wurden.
Natürlich ist die allgemeine Stimmung damit auf den Nullpunkt gesunken. Ein jeder denkt, dass ihn in der nächsten Minute ein gleiches Schicksal treffen kann.
Wir haben seit der Unglücksstunde keinen Schuss mehr abgegeben. Der Feind dagegen wirft schwere Granaten in das Dorf Condé sur Suippes. Er gibt uns mit diesem Angriff auf das Hintergelände die Antwort auf unsere mehrfache Beschießung von Cormicy – nur ist die Zerstörung seiner eigenen Ortschaften für ihn weit schmerzhafter als für uns.
Selbstverständlich versuchen unsere in Ruhe liegenden Truppen, aus dem Gefahrenbereich herauszukommen. Die Protzen und Fahrzeuge sind inzwischen bis nach Variscourt zurückgezogen worden. Unweit unseres neuen Lagers befindet sich ein großer Getreideschober, der mit einer wieder instandgesetzten Dreschmaschine von den Kameraden der leichten Munitionskolonne ausgedroschen wird und nicht nur Brot, sondern auch Lagerstroh liefert.
Bisher war die Geschütz- und Fernsprechbedienung immer die gleiche. Jetzt wird eine regelmäßige Ablösung eingerichtet. Wir begrüßten diese Einrichtung, da wir dabei endlich einmal Gelegenheit haben werden, auch an unseren äußeren Menschen denken zu können.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 21.09.