Weitere Erfolge. Englische Mäntel sind sehr begehrt.
Die Batterie wird um 7 Uhr morgens besetzt. Ich gehe zur Beobachtung, die vorwärts der Batterie zwischen den Strohschobern steht.
2 Uhr nachmittags: Das zunächst trübe Wetter hat sich aufgeklärt. Wir haben bis jetzt auf eine Entfernung von durchschnittlich 5700m die verschiedensten Ziele von etwa 160 Schuss bearbeitet.
Auf unserer Seite sind allenthalben Fortschritte zu verzeichnen. Die 114er Bayern haben in der Nacht ein feindliches Biwak überfallen und dabei zahlreiche Gefangene gemacht – aber auch manchen Tommy ins Jenseits befördert, wo er hingehört.
Ein Unteroffizier erzählte uns auf die Frage, warum trotz der allgemeinen Parole noch Gefangene da seien: “Die Engländer hätten alle so schön geschlafen, da hätten sie es doch nicht fertigbringen können, einen nach dem anderen abzumurksen!”
Das mag herzlos genug klingen – und doch spricht das Endergebnis für uns.
Wie aber sieht es in diesem Punkte bei unseren Gegnern, besonders den dunkelfarbigen Völkern aus? Werden auch sie hin und wieder von solch weicheren Gefühlen befangen sein? Die Tatsachen lassen das Gegenteil vermuten. Die wilden Triebe sind entfesselt und toben sich hier in ihrer ganzen Grausamkeit aus. Man muss nur die Kameraden von der Infanterie hören – dann vergeht einem bald der letzte Rest von Gefühlsduselei.
Gut, dass wir als Artilleristen mit dem unmittelbaren Kampf von Mann zu Mann nichts zu tun haben. Aber nötig zum Kriegführen sind auch wir wie das tägliche Brot zum Leben. Un dass wir unsere Pflicht ebenso wie dei anderen bis zum äußersten erfüllen, davon dürfen unsere Schützengräbler überzeugt sein.
Eigentlich viel zu selten denken wir gegenseitig über das Los der einzelnen und verschiedenen Schicksalsgenossen nach. Dennoch würde ein jeder dem anderen dankbar sein, wenn er einmal einige Worte der Anerkennung auch für ihn über hätte. Ich empfand dies ganz besonders, als heute eine Abteilung Bayern, die ungefähr 100 Gefangene abtransportierte, sich für unsere trefflichen Schussleistungen und die damit erhaltene Unterstützung beim Angriff bedankte.
Jeder Gefangenentrupp löst übrigens nicht nur das Gefühl der Befriedigung über den Erfolg, sondern in gleichem Maße auch unsere Selbstsucht aus. Die aus vorzüglichem Stoff gearbeiteten “englischen Mäntel” reizen zum Tausch und schon mancher der Kameraden läuft mit feindlichem Anstrich im Gelände herum. Da dies aber nicht selten zu unliebsamen Verwechselungen führt, sind die meisten ihres Tausches bisher nicht recht froh geworden.
Der Nachmittag verläuft ruhig. Ab und zu verirrt sich eine englische Granate (Ausreißer) bis in die Nähe unserer Batterie. Wir selbst schießen nicht mehr, geben um halb 7 Uhr abends unsere Beobachtung auf und beziehen Quartier in einem verlassenen Haus.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 23.10.