1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

21.11.1915 Das 6. Buch der Kriegsaufzeichnungen und der 2. Heimaturlaub.

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Das 6. Buch der Kriegsaufzeichnungen und der 2. Heimaturlaub.

2015-11-19 1500 edit

Sonntag.

Ein neues Buch – eine neue Woche – überhaupt ein neuer Abschnitt in meinem Leben.

Ich fahre unerwartet zum 2. Mal während des Krieges in Urlaub – in die “Heimat”. Welch beseligendes Gefühl löst dieses einzige Wort in mir aus! Die Arbeit fliegt mir nur so von den Händen. Den ganzen Morgen wird eifrig gepackt und geschnürt; denn ich muss sonderbarerweise feldmarschmäßig abrücken.

Mit mir fährt noch ein “Vize” unserer Batterie. Das Auto bringt uns mit rasender Geschwindigkeit zur Bahn. Recht so! Ich kann kaum den Augenblick erwarten, an dem ich dem Kriegsschauplatz wieder einmal den Rücken kehren darf.

Leider wird unsere fröhliche Reisestimmung vorübergehend noch ein wenig getrübt durch die “Fahrplanmäßige” Verspätung unseres Zuges um eine volle Stunde. Erst gegen 5 Uhr nachmittags verlassen wir den Bahnhof Volčja Draga, um mit Ach und Krach nach 2 Stunden in Opčina zu landen, und von hier aus endlich um 8:39 abends den Triest-Wiener Schnellzug besteigen zu können.

Draußen weht ein eisiger Wind. Überall glitzert tiefer Schnee. Der Mond gießt sein bläuliches Licht über Baum und Strauch. Die Landschaft ist wie verzaubert.

In unserem Eisenbahn-Abteil aber ist es gemütlich warm. Und nicht lange dauert es, so schliummern wir alle in eine bessere Welt hinüber.

Wie unterschiedlich kann doch das Kriegsleben sein! Das ewige Gepoltere an der Front hat dem wohltuenden Gleichtakt der Räder Platz gemacht. An die Stelle des Hastens und Bangens ist das Gefühl des Geborgenseins getreten.

Und bald sind wir wieder daheim!

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 22.11.