Reichlich Feldpost und Liebesgaben aus der Heimat
Sonntag. 7 Uhr vormittags. Ich bin seit gestern abend 8 Uhr in der Geschützstellung. Fernsprechgerät und Bedienung sind hier nur in Zelten untergebracht, weil in dieser Stellung (der 6. oder 7. an der Aisne) feindliches Feuer kaum zu erwarten ist.
5 Uhr nachmittags: Es hat sich – ganz entgegen der Sonntags-Gepflogenheit – nichts von Bedeutung ereignet. Unsere Batterie hat am Morgen nur 4 Schuss abgegeben, am Nachmittag weitere 28 Schuss auf eine feindliche Batterie (Entfernung 5000m) und soeben noch 4 Schuss auf 6100.
Die anschließende Feuerpause fülle ich durch Studium meiner umfangreichen Feldpost aus. Es sind eingetroffen: 2 Zeitungen vom 15. und 16.9., 1 Karte vom 13.9. Und ein Päckchen Zigarren ebenfalls vom 13.9. – Alles aus Witten; ausserdem Briefsachen aus dem Sachsenlande vom 31.8. Und 16.9.
Am Abend werden in der Batterie Liebesgaben aus der Heimat verteilt. Es gibt pro Mann 1 Zigarre oder 2 Zigaretten oder — 1 Frankfurter Würstchen. Da ich mit Zigarren noch versorgt bin, wähle ich das “Frankfurter”. Es mundet vorzüglich, aber es ist gerade so groß, dass es mir beim Verzehren höchstens den Bruchteil einer Sekunde übrig bleibt, um mit meinen Gedanken bei den gütigen Spendern zu verweilen. Trotz und alledem, jede Gabe der Heimat löst ungetrübte Freude aus.
Halb 8 Uhr abends kehre ich zur Sammelstelle zurück. Die warme Abendluft lockt mich noch vor das Lagerzelt. Ich stecke mir eine Zigarre an und hänge meinen Gedanken nach, die sich eine Brücke über die schmale Sichel des Mondes zur Heimat bauen.
Dabei steigt die Sehnsucht übermächtig in mir hoch und der Wunsch, dass dieser schreckliche Kampf recht bald zu Ende gehen möchte, damit wir unsere Lieben wiedersehen — ehe es zu spät ist.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 28.9.