Verdilly, Château Thierry (an der Marne), Courboin.
Wir wollten gestern nach des Tages Last und Hitze mal wieder richtig auspennen; aber so ist es gewöhnlich im Leben: “Erstens kommt es anders und zweitens, als man denkt!”
Schon um 3 Uhr morgens wurden wir aus dem Stroh gerissen. Um 4 Uhr erfolgte Anspannen und um 5 Uhr Abmarsch in südlicher Richtung über Verdilly nach Château Thierry.
Hier sind wir – um halb 9 Uhr vormittags – gelandet.
Die Stadt liegt an der Marne. Die Brücke darüber ist noch erhalten und erleichtert unseren Durchmarsch. Im übrigen sieht es hier genau so aus wie in den meisten orten, die wir während der letzten Tage berührten.
“Die Straßen sind öde und verlassen – zahlreiche Häuser und Geschäfte zerstört und ihres Inhaltes beraubt.”
Dabei weiß man nie recht, wer eigentlich die Übeltäter waren. Soweit es sich um Lebensmittel handelt, haben sich selbstverständlich auch unsere Truppen schadlos gehalten – denn Hunger tut weh. Aber dunkle Elemente gibt es überall – zu Wasser und zu Lande; und so steht es für mich außer Zweifel, dass die französischen Truppen und die Bevölkerung in unbewachten Augenblicken weit mehr als wir im Trüben fischten.
Um halb 10 Uhr vormittags verlassen wir wieder die Stadt, um anschließend einen etwa 100m hohen Berg hinaufzuklettern. Ein schweres Stück Arbeit in dieser Sonnenhitze.
Dabei sind wir jetzt unseres Lebens von keiner Seite mehr sicher – weder von vorn, noch von hinten – noch von oben. Die feindlichen Flieger beginnen lästig zu werden. Vor wenigen Minuten fielen wiederum 2 Bomben ganz in unserer Nähe nieder. Nur mit knapper Not entgingen wir einem Volltreffer.
Auch sonst verstärkt sich der Widerstand des Feindes allerwegen. Die Kanonen donnern seit dem frühen Morgen.
Im Laufe des Vormittags gibt es sogar eine Stockung. Während wir bisher meist innerhalb des Divisionsverbandes in kriegsmäßiger Marschordnung vorgingen, schiebt sich auf einmal eine Kolonne neben die andere. Die Straße wird zu eng, alle Truppen zu fassen. Die angrenzenden Felder müssen aushelfen. Infanterie, Artillerie und Bagagen, alles quirlt hier durcheinander. Die entgegenkommenden leeren Munitionskolonnen haben Mühe, sich durchzufinden.
Würde uns jetzt ein feindlicher Flieger erblicken, wir wären ein dankbares Ziel.
Nur langsam – fast im Schneckentempo – rückt der ganze Tross vor. Wie wir aufblicken, scheint uns die Mittagssonne voll ins Gesicht. Fast haben wir das Gefühl, als ginge es wieder ostwärts.
Um 2 Uhr nachmittags treffen wir in Courboin ein.
Gegen 5 Uhr kommt Befehl, hier zu biwakieren. Obwohl es etwa 8 km vor uns heiß hergeht, hat man für die schwere Artillerie im Augenblick keine Verwendung.