Schlacht bei St. Quentin und La Fêre. Sadismus der Franzosen.
Morgens 1 Uhr: Diesmal haben wir einen der anstrengendsten Tage hinter uns, da wir insgesamt 72km zurücklegten. Was das aber heißt, kann nur der ermessen, der dabei war.
Selbst, dass wir hin und wieder auf unseren Fahrzeugen aufsitzen durften, brachte uns keine Milderung der körperlichen Strapazen. Wohl konnten wir dabei unseren armen, geplagten Füßen eine kurze Rast gönnen; umso mehr aber wurde dann bei den Fahrten über Stock und Stein auf den nur durch harte Futtersäcke gepolsterten Sitzen der ungefederten Karren und Protzen unser Rückgrat – einschließlich seiner Verlängerung nach unten – zusammengestaucht.
Den Weg zum Feinde konnten wir übrigens kaum verfehlen. Er war gekennzeichnet durch zahlreiche brennende Gehöfte, die zum nicht geringen Teil von unseren Truppen aus der gleichen Ursache wie der Ort Langdrecies angezündet worden waren.
Die Erbitterung wuchs nach und nach ins Ungemessene. Immer und immer wieder wurden deutsche Soldaten – besonders Ulanen – aufgefunden, die bei dem ersten Ansturm in die Hände der Feinde gefallen und von diesen furchtbar verstümmelt waren. Mit sadistischer Grausamkeit hatte man ihnen einzelne Glieder (Nase, Ohren, Finger) abgeschnitten oder Mund und Nase mit Dreck verstopft, so dass die armen Kerle elendlich ersticken mussten.
Ob wir uns heute von den ausgestandenen körperlichen und seelischen Aufregungen etwas erholen können, erscheint noch fraglich — und doch würde uns eine Ausspannung gut tun, zumal die kaum fünfstündige Nachtruhe keine Auffrischung brachte. Sie wurde mehr als ein dutzend Mal von unseren Gäulen zerstört, die uns aus lauter Kohldampf das Lagerstroh unter dem Kopfe wegfraßen! Um 6 Uhr morgens hielt ich es deshalb für geraten, ihnen auch noch den letzten Rest freiwillig zu opfern und mich zu erheben.
Soeben – um 8 Uhr morgens – trifft die Nachricht ein, dass die Festung St. Quentin, gegen die wir heute mit in den Kampf ziehen sollten, noch gestern abend gefallen ist.
Wir werden nunmehr voraussichtlich das Sperrfort La Fêre unter die Lupe nehmen. Die Infanterie und Feldartillerie liegen sich mit dem Feinde bereits seit dem frühen Morgen in den Haaren.
Um halb 10 Uhr vormittags verlassen auch wir unser Lager, um weiter nach vorn zu rücken.
Halb 3 Uhr Nachmittags: Wir haben unsere Geschütze südlich der Stadt in Stellung gebracht und stehen wieder mitten im Kampf. Genau wie bei Namur, so sind wir auch hier bald vom Feinde erkannt. Dieser feuert heftig Granaten und Schrapnells auf uns, trifft aber glücklicherweise meist zu kurz.
Viertel vor 4 Uhr Nachmittags: Unsere Batterie hat insgesamt 32 Schuss abgegeben. Jetzt machen wir Feuerpause und warten — auf das Mittagessen.
Aber auch nach einem Schluck Wasser sehnen wir uns, denn wir kommen in der glühenden Sonnenhitze vor Durst fast um.
10 Uhr Abends: Es ist völlig dunkel geworden. Ohne, dass wir noch einmal geschossen haben, beziehen wir 5 km östlich unserer letzten Stellung Quartier in einem mir unbekannten Ort.