9 Stunden Arbeit an einer zerschossenen Fernsprechleitung – Erfolg gleich Null. Blick von der Beobachtung auf das große Leichenfeld der Champagne.
Auch in einer “ruhigen” Stellung kann man etwas erleben.
Heute erhielt ich den Auftrag, eine seit 8 Tagen nicht mehr betriebsfähige Fernsprechleitung nach der Beobachtung nachzuprüfen und instandzusetzen.
8 Uhr morgens machten wir uns zu zweien auf den Weg. Er führte uns von der 50. Feldartillerie-Brigade nach der 2. Batterie und dann rechts an unserer Batteriestellung vorbei über eine Anhöhe bis zur Beobachtung.
Die Leitung umfasste rund 8 bis 9 km – eine Wegstrecke, die unter normalen Verhältnissen in etwa eineinhalb bis zwei Stunden zurückgelegt werden könnte, für uns heut aber die Reise eines ganzen Tages bedeutete.
Bis zur 2. Batterie war die Leitung äußerst verworren und unter den kreuz und quer laufenden vielen anderen Leitungen nur schwer herauszufinden.
Anschließend kam die schon erwähnte Höhe rechts von Tahure. Hier brauchten wir für die Prüfung einer Strecke von rund 800m beinahe 3 Stunden.
Das erste Mal wurden wir auf der völlig freiliegenden Höhe durch feindliche Granaten zurückgejagt.
Das zweite Mal versuchten wir es von einem anderen Anmarschwege aus, wurden aber auf derselben Stelle wiederum mit Granaten überschüttet.
Die Franzosen schienen uns genau auf dem Kieker zu haben, denn es gab mehrere Einschläge nur 5m vor uns – darunter glücklicherweise auch einige Blindgänger. Jedenfalls mussten wir wiederum unverrichteter Dinge verduften.
Nach einer halben Stunde versuchte ich mein Heil zum dritten Mal – diesmal allein. Endlich konnte ich die Leitung, die an mehreren Stellen zerschossen war, flicken. Ich musste dabei allerdings auf der ungedeckten Höhe eine Strecke von 150m auf dem Bauche kriechend zurücklegen. Unter mancherlei anderen Hindernissen kam ich schließlich unversehrt nachmittags 5 Uhr – also nach vollen 9 Stunden und ohne Essen – auf der Beobachtung an.
Der Erfolg unserer Arbeit war jedoch nur der, dass die Verbindung trotzdem nicht klappte. Was wir mühselig geflickt hatten, war schon längst wieder zerschossen, denn unsere Beobachtung lag an einer ganz windigen Ecke.
Sie befand sich in einem kleinen Wäldchen am vordersten Hange einer nach den Schützengräben zu abfallenden Anhöhe, wurde hier sehr viel unter Feuer genommen und musste deshalb tief in der Erde mit Unterständen im Stollenbau versehen werden. Die vorzügliche Lage gewährte aber andererseits einen wunderbaren Einblick in die eigenen und feindlichen Infanteriestellungen. Ich nahm die Gelegenheit wahr, einen Blick durch das Scherenfernrohr zu werfen und mich davon zu überzeugen.
Leider zeigte sich mir dabei noch ein anderes, erschreckendes Bild: Zwischen den beiderseitigen Stellungen lagen noch unzählige Franzosen von der heftigen, aber fehlgeschlagenen Angriffen Februar-Offensive her.
Andere hingen in den Drahtverhauen zerfetzt und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Die Kampflage und die verbissene Wut des Gegners hatten es bisher nicht gestattet, diesen bedauernswerten Opfern eine Ruhestätte zu gewähren.
Im übrigen konnte ich die eigenen Linien von den feindlichen nur schwer unterscheiden, da sie durch ungezählte Sappen und Seitengräben unterbrochen wurden und ein unentwirrbares Durcheinander bildeten.
Abends 8 Uhr kehrte ich zur Sammelstelle zurück. Ich brauchte nicht mehr in den Schlaf gewiegt zu werden. Die körperlichen Anstrengungen und der Hunger hatten mich mürbe gemacht.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 14.4.