Ein kitzlicher Gang zur Beobachtung. Munitions-Schwierigkeiten.
Wecken: 8 Uhr.
9 Uhr ziehen wir – 3 Mann hoch – los, um die alte, nicht mehr gebrauchsfähige Fernsprechleitung nach der Beobachtung aufzunehmen.
Zunächst geht alles ohne Störung ab. Die Kabeltrommel vor dem Bauch haben wir uns wie ein Leierkastenmann glücklich bis auf 100m an unsere Beobachtung herangekurbelt.
Plötzlich aber hören wir über uns eigentümliches Pfeifen, das schnell tiefer kommt. Ein feindliches Maschinengewehr hämmert auf uns ein.
Dicht neben mir spritzt der Dreck hoch. Meine Kameraden – frei und ledig – sind wie der Blitz verschwunden. Ich aber stehe mitten auf der freien Straße und suche ratlos nach Deckung.
Die Gartenzäune links und rechts des Weges machen ein Entrinnen nach dieser Richtung hin unmöglich. Weiter nach vorn renne ich dem Verderben mit tödlicher Sicherheit den Rachen. Zuück kann ich keinen Schritt, denn das eigene Fernsprechkabel hält mich unerbittlich fest.
In höchster Not gelingt es mir schließlich, mit der Kabelzange die Leitung zu zerschneiden und mit einem kühnen Satze hinter der nächsten rettenden Straßenecke zu verschwinden.
Der Schweiß rinnt mir von der Stirn. Ich bin fertig. — Wieder einmal Dusel gehabt!
Eine Viertelstunde später hole ich auch den Rest der Leitung ein. Diesmal bleibe ich ungeschoren. Dafür sehe ich aus wie ein Schwein. Was kann auch besseres herauskommen, wenn man 100m auf dem Bauch über den Straßendreck hinweg rutscht!
Trotz alledem kehren wir 2 Uhr nachmittags wohlbehalten zurück. Ich selbst muss noch für 6 Stunden zum Divisions-Fernsprecher.
Währenddessen verschießt unsere Batterie 40 Schuss auf feindliche Artillerie bei Croixmarechal, nicht mit eigenen, sondern mit belgischen Granaten.
Scheinbar hat man von diesem Zeug in den belgischen Festungen genug aufgefunden und sucht es nun dem Feind auf passende Weise wieder zuzustellen, um nicht in den Verdacht des Diebstahls zu geraten.
Die Schießversuche befriedigen jedoch nur wenig. Die Geschosse haben nicht nur einen geringeren Durchmesser als die unseren, so dass sie für unsere Geschütze erst mit einem stärkeren Führungsring versehen werden mussten, sondern sie sind auch merklich leichter.
Die Folge ist, dass wir ihren Einschlag zunächst vergeblich im Gelände suchen und erst zum Schluss feststellen, dass die eingestellte Schussentfernung von 5000m in Wirklichkeit um rund 650m überschritten wurde.
Weiter weisen die belgischen Granaten sehr viele Blindgänger auf. Früher waren wir darüber hocherfreut, heute würden wir das Gegenteil weit lieber sehen. Es ist eben ein jedes Ding dem Wandel der Zeiten unterworfen.
Munition ist im übrigen ein Wort, das bei uns zurzeit “gross” geschrieben wird. Wir haben Anweisung zu strengster Sparsamkeit. Daher auch der mangelhafte Ersatz.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 15.12.