1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

8.4.1917 Ostersonntag!

/ / Zum zweiten Mal an der Aisne 3.3.17-8.7.17

Ostersonntag!

Das Osterfest lässt sich gut an. Trommelfeuer aus allen Ecken. Die zweite Somme. Die gegenseitigen Artilleriekämpfe. Unsere Beobachtung bekommt ihr Teil ab. Der Schlendrian bei den Bayern und seine unerwünschten Folgen. Reibereien.

Also doch eine feindliche Offensive!

Das Osterfest lässt sich gut an. Die Franzosen trommeln nun schon den dritten Tag auf unseren Gräben herum – von Reims bis hinauf nach Craonne und vielleicht noch darüber hinaus.

Überall blitzen feindliche Batterien auf – überall steigen gewaltige Erd- und Rauchsäulen zum Himmel. Geschosse bis zum schwersten Kaliber aus allen Richtungen zerwühlen den Boden bis ins Mark.

Die zweite Somme! Das ist das Wesentliche, was wir zur Zeit aus allem Ungewissen herausfühlen. Wie dieses zermürbende Artillerievorspiel enden, wann der Infanterieangriff einsetzen wird, das aber weiß der Himmel.

Unsere sämtlichen Artilleriestellungen werden vom Feinde mit Feuerüberfällen bis zu 1000 Schuss am Tage niedergehalten. Kein Wunder, dass bei dieser Art Bekämpfung schon mancher Munitionsstapel in die Luft flog.

Die Franzosen brauchen sich aber über mangelnde Gegenliebe nicht zu beklagen. Bei uns heißt es: “Auge um Auge, Zahn um Zahn” – und so haben auch wir bei ihnen schon manche Stellung ausgeräuchert.

Doch was nützt dies alles? Schießen wir heute eine Batterie da drüben in Grund und Boden, so stehen morgen zehn andere an der selben Stelle. Es ist als wüchsen sie wie Pilze aus der Erde, und für uns besteht kein Zweifel, dass uns die Franzosen wieder einmal materiell überlegen sind.

Trotzdem geben wir die Hoffnung nicht auf, dass wir dem zu erwartenden Massenansturm standhalten werden.

Unsere eigene Batterie am Bahndamm liegt Tag und Nacht unter Feuer. Da sie unter solchen Verhältnissen kaum noch zum Schuss kommt, ist bereits eine neue Stellung ausgebaut worden – 8000m hinter den Gräben. Ein weiteres Vorrücken ist im Augenblick – will man nicht sofort wieder zusammengeschossen werden – unmöglich.

Gestern erhielten wir auch auf unserer Beobachtungsstelle “Dunst”. Wir sind bestimmt erkannt worden, obwohl wir beim Ausbau größte Vorsicht walten ließen.

Jede Arbeit ist hier eben im Augenblick nutzlos. Jede Bewegung im Gelände wird von drüben aus tausend Gläsern beobachtet. Die Franzosen haben fast für jede Batterie, jede Beobachtung, jede Straße, jeden Ort und jeden Graben ein bis zwei Batterien bereit gestellt und schießen nun, was das Zeug hält.

Unsere Schützengräben müssen schon vollständig eingeebnet sein – und doch geht das Trommeln unaufhörlich weiter. Wären nicht im letzten Augenblick alle alten erprobten Sommekämpfer an der Aisne zusammengezogen worden, so könnten wir schon jetzt einpacken.

Die bisher hier liegenden Truppen sind überwiegend Bayern, die – ähnlich wie an der Somme – vor Beginn des großen Rummels stes einen guten Tag gelebt und im übrigen nicht einen Handschlag für den Ausbau der rückwärtigen Stellungen getan haben. Jetzt muss alles in größter Eile nachgeholt werden.

Es ist selbstverständlich, dass die neu eingesetzten Truppen, denen nunmehr diese schöne Tätigkeit vorbehalten bleibt, recht erbost sind und die ganze Gesellschaft mit ihrem im übrigen ganz unangebrachten Dünkel und völligen Preußenhass am liebsten auf den Blocksberg wünschen.

Genau wie seinerzeit in Österreich innerhalb unserer Batterie, so gibt es auch hier wieder – diesmal nur in einem weit größeren Verband – seitens der Bayern fortgesetzt Reibereien und Stänkereien, bei denen das schöne Wort “Saupreiss” so oft eine Rolle spielt, dass man sich versucht fühlt, mal gründlich aufzuräumen.

Eben ist es 2 Uhr nachts. Ich bin jetzt Tag und Nacht am Scherenfernrohr. Das reibt mich auf, zumal ich innerhalb eines vollen Monats nur drei Ruhetage hatte.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 11.4.