1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

4.8.1915 Ein Naturschauspiel

/ / Am Isonzo 1.7.1915-31.3.1916

Ein Naturschauspiel am Monte S. Michele.

Wecken: 6 Uhr. Schlaf in den letzten Nächten stets schlecht. Die Ungezieferplage wird immer schlimmer.

Am Vormittag Ruhe.

Gegen 8 Uhr abends wird die Höhe des Monte S. Michele stark unter feindliches Artilleriefeuer genommen.

Während wir die ungezählten weißen Schrapnellwölkchen und das Aufblitzen der Granaten beobachten, tut sich unserem Auge unvermittelt ein großartiges Naturschauspiel auf. Der ganze Berg steht wie mit einem Schlage in flammendem Lichte, in grellstem Gelb, Braun und Rot – nicht, weil er beschossen wird, sondern weil sich die über ihm schwebende schwarze Wolkenwand plötzlich zerteilt und nun die Abendsonne in vollem Glanze durchstrahlen lässt.

Auch weiter rückwärts liegen die Gipfel der Berge im hellsten Sonnenschein, während von unten schon die dunklen Schatten der Nacht heraufklettern.

Dieses prachtvolle Leuchten und Gluten offenbart mir zum ersten Mal die Wunder des vielgerühmten Alpenglühens. So schnell wie es auftauchte, ist es aber wieder verschwunden. Eine Viertelstunde später ist die ganze Herrlichkeit zu Ende.

Inzwischen hat sich auch die feindliche Artillerie beruhigt.

Um 10 Uhr liegen wir im Bett.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 7.8.