9 Uhr morgens:
“Prosit Neujahr!”
Soeben bin ich aufgewacht und wieder nüchtern. Aber wüst sieht es in unserer guten Stube aus — und wüst in meinem Kopfe.
Trotz der ernsten Zeit und der nahen Gefahr sind wir leicht beschwingt ins neue Jahr hinübergerutscht.
Welch ein Jubel herrschte gestern Abend im ganzen Haus, wiederum einträchtiglich nebeneinander Infanterie und Artillerie.
Die Fröhlichkeit erreichte ihren Höhepunkt, als nach unserem “unmaßgeblichen”, durch heimatliche Rathaus- und Kirchturmpendikel nicht beeinflussten Taschenuhren das 1915er Jahr angebrochen war. Freudenschüsse wurden in die Luft gejagt, so dass der Aufenthalt draußen beinahe gefährlicher war, als unmittelbar vor dem Feinde. Umarmt haben wir uns und Reden wurden geschwungen, dass kein Mensch mehr ein Bein auf die Erde kriegte. Der glühende Punsch tat das Seine.
Hoffen wir, dass alle guten Wünsche in Erfüllung gehen.
Heute morgen ist der Himmel klar – als wollte er uns beschämen. Mit dem Fernrohr können wir sogar bis zu den hinter Armentières liegenden Höhen alles deutlich erkennen. Gegen Abend tritt Regen ein. Der Feind ist sehr ruhig; wir schießen ebenfalls nicht.
Nach dem Abendessen gibt es noch das regelmäßige Plauderstündchen bei der Infanterie, das uns gegenseitig immer näher bringt.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 2.1.