Schlemmerleben in der Sammelstelle
An der Front ist alles ruhig. Man scheint endlich mal den Sonntag heiligen zu wollen. Mir ist das doppelt recht, denn wir werden heute abgelöst.
Sofort nach der Rückkehr in die Sammelstelle geben wir uns – wie das jetzt fast zur Mode geworden ist – daran, einen Extraschmaus zuzubereiten. Es ist zu interessant, wie er nach und nach aus den kleinsten Anfängen, sozusagen aus dem Nichts, entsteht.
Die Kartoffeln haben wir in einer ruhigen Minute aus dem Felde, in dem unsere Geschütze stehen, herausgebuddelt und mit nach hinten geschleift. Eine nach der anderen wird geschält und wandert in den Topf. Es ist die mühseligste und langweiligste Arbeit, die wir uns denken können.
Inzwischen geht der eine los und sucht Salz. Der andere besorgt irgendwoher Mehl und der dritte Speck oder – wenn es hoch kommt – gar ein Stück Fleisch. Eins ist so selten wie das andere; aber mit einer gehörigen Portion Pfiffigkeit finden wir schließlich doch noch das Gewünschte in irgend einem verlassenen Winkel.
Und bald brodelt und dampft es in den Kesseln, die wir im Freien über schnell ausgeworfene Kochlöcher aufstellen oder aufhängen. In 1 bis 2 Stunden ist die Mahlzeit fertig.
Heute gibt es Kartoffeln mit Schweinebraten, dazu eine vorzügliche Mehlsauce.
Dabei ist es erst 10 Uhr morgens – eine Zeit, zu der man daheim gewohnt ist, das erste oder zweite Frühstück einzunehmen und zu der die Hausfrauen angesichts der großen Zahl ihrer Kochtöpfe schon langsam in Schweiss geraten — aus Angst darüber, dass ihnen ihre sieben Sachen bis zum Mittagsmahl nicht mehr gelingen könnten. Sie werden Bauklötze staunen, wenn wir zurückkommen und sie durch unsere Künste beschämen.
Dem 1. Mittagessen folgt ein zweites aus der Feldküche um 1 Uhr. Gegen 3 Uhr gibt es guten, selbstzubereiteten Kaffee. Zwei Stunden später setzen wir noch eine Kartoffelsuppe – ohne Fleisch – auf und kurz darauf wird Wein empfangen, dem zum Schluss nochmals Kaffee (diesmal aus der Feldküche) folgt.
Alles in allem — ein ausgesprochener Fress- und Sauftag! 9 Uhr abends hat die liebe Seele endlich Ruh.
Ich fühle mich trotz meines primitiven Lagers heute besonders mollig, da ich ein neues Hemd am Leibe trage, das ich seit einer am Nachmittag stattgefundenen zweiten Verteilung von Liebesgaben mein Eigen nennen darf.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 5.10.
Von Sassow
Wie einfach das gute Leben sein kann! Voller Bauch und saubere Klamotten.