1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

1.10.1914 Lästige Flieger.

/ / 7.9. - 8.10.1914 Rückzug von der Marne bis zur Aisne

Lästige Flieger. Ihre Waffen. Unsere Abwehr.

8 Uhr abends: In der vergangenen Nacht wurden wir mehrfach gestört.

Gegen Mitternacht teilte Höhe 100 mit, dass der Feind einen Angriff vorbereite. Wir wurden geweckt, brauchten aber nicht in Tätigkeit zu treten.

Halb 4 Uhr morgens meldete sich der Gegner mit einem Feuerüberfall auf unsere Geschützstellung. Auch dieser Schmerz ging vorüber.

Halb 7 Uhr bekamen wir Ablösung. DIesmal mussten wir endgültig raus. Für uns Fernsprecher war aber niemand erschienen.

Der Tag ließ uns trotzdem unseren Kummer bald vergessen, denn er brachte reichlich Arbeit. Bei sonnigem Wetter verfeuerten wir etwa 140 Schuss nach den verschiedensten Zielen. Dabei gelang es uns, unter anderem feindliche Schützengräben in einer Entfernung von 2700m mit zahlreichen Volltreffern zu überschütten und völlig einzuebnen.

Aber nicht nur von uns , auch von den Franzosen – besonders ihren Fliegern – wurde die klare Sicht ausgenutzt.

Schon am frühen Morgen rückten sie an. Zunächst warfen sie 6 Bomben auf den Ort Condé. Leutnant B., der Führer unsere leichten Munitionskolonne, wurde dabei in seinem Ruhequartier mit mehreren seiner Untergebenen verletzt. Eine Bombe durchschlug dort das Dach des Hauses, legte sich ungeniert mitten auf den Küchenherd und zerplatzte gerade in dem Augenblick, als Alt und Jung gemütlich frühstückte. Solch starker Pfeffer verdarb selbst den besten Appetit.

Etwa 3 Stunden später kreuzte eine englische Flugmaschine über unserem Fesselballon, beschoss diesen mit einem Maschinengewehr und zwang ihn vorübergehend zum Niedergehen.

Auch unsere Sammelstelle blieb nicht verschont. Diesmal waren es jedoch keine Bomben, sondern spitze Stahlpfeile, die in Bündeln von 40 bis 50 Stück abgeworfen wurden, sich in der Luft zerteilten und dann wahllos in das Gelände fielen. Glücklicherweise war ihre Gesamtwirkung gleich Null. Im nahen Condé haben trotzdem vor kurzem einige Infanteristen bei einer ähnlichen Gelegenheit recht böse Wunden in Schultern und Fersen davongetragen, so dass diese neue Fliegerwaffe durchaus nicht unterschätzt werden darf.

Jetzt haben wir endlich Ruhe – sowohl aktiv wie passiv. Da für uns immer noch keine Ablösung eingetroffen ist, müssen wir auch die 2. Nacht in der Geschützstellung aushalten.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 2.10.

  1. Interessant, dass in den Tagebucheinträgen nie von eigenen Verlusten die Rede ist. Nur vor ein paar Tagen wurde in einem Nebensatz erwähnt, dass zehn „Neue“ aus der Reserve zur Batterie versetzt worden sind, um die Verluste aufzufüllen. Aber nirgendwo wird erwähnt, dass vorher zehn Soldaten gestorben sind.

    Vor allem muss doch bei der Infantrie, die weiter vorne in den Schützengräben sitzt, das große Sterben bereits im vollen Gange sein. (Mein Urgroßvater muss in diesen Tagen gefallen sein.Nach dem Krieg wurde seine Todeserklärung auf den 26.09.14 datiert)

    Bei aller Lockerheit, die die Einträge ausstrahlen, der Gedanke an den täglichen Schrecken und Tod schimmert nur am Rande durch. Ich bin gespannt, wie sich das im Laufe der Zeit ändert. Ob es ein einschneidendes Ereignis gibt, dass ihn umdenken lässt, oder ob es ein schleichender Prozess ist.

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  2. Verluste heißt nicht unbedingt, dass es Tote gegeben hat. Die Meisten werden nur Verletzte sein die fürs erste frontuntauglich sind.
    Der Verfasser kommt immer noch als recht jung, naiv und unbekümmert rüber. Das wird sich mit Sicherheit noch ändern.

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  3. Mich wundert, dass doch relativ häufig schon von Luftangriffen auf Bodentruppen die Rede ist – (und auf Ballone). Ich dachte vorher, dass die Luftwaffe erst im Laufe des Kriegs eine echte Waffe wurde und anfangs Flugzeuge hauptsächlich zur Beobachtung eingesetzt wurden. Was sich aber jetzt schon abzeichnet, ist die Tatsache, dass der Krieg sich festgefahren hat und ein Stellungskrieg beginnt…

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  4. Da sind die Maschinengewehre auf den Fliegern und die Fliegerpfeile gab es wirklich.

    MfG V.Z.

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