In der Nähe von Görz. Im Kampf gegen die Italiener. Drückende Hitze.
4 Uhr morgens werde ich wach. Wir halten gerade in Divača.
Das einzige Lebewesen, das ich erblicke, ist der Bahnhofsvorsteher. Er hat einen hohen roten Zylinder auf und schreitet stolz die Wagenfront ab.
Ich muss über diesen Aufputz, der mir schon mehrfach seit unserer Fahrt durch Österreichs Lande begegnete, hell auflachen und werde dabei das Gefühl nicht los: “Je größer das Dach, desto kleiner der Geist, der darunter wohnt.”
5 Uhr gibt es einen zweistündigen Aufenthalt in Opčina. Das Leben und Treiben auf dieser Station hat schon wieder einen kriegerischen Anstrich, so dass wir sicher nicht mehr weit vom Schuss ab sind. Unsere Vermutung, hier ausgeladen zu werden, erfüllt sich jedoch nicht. Um 7 Uhr geht es weiter.
Viertel nach 9 Uhr vormittags endlich – nach dreieinhalbtägiger Fahrt – sind wir am Ziel, der Eisenbahnstation Volčja (Sprich Offzscha) Draga in der nähe von Görz im Küstenlande.
Die Gegend ist romantisch – die augenblickliche Hitze dagegen fast unerträglich. Gibt es ein Sprichwort, das man vom Regen in die Traufe komme, so kann man hier getrost sagen: “Wir kamen aus dem Sonnenschein in die Sonne”. Und das bereits am frühen Morgen – was soll’s da erst am Mittag werden?
Sofort nach unserer Ankunft werden wir ausgeladen. Die Batterie marschiert vorläufig bis Merna. Ich selbst benutze mit meinem Batterieführer das Auto eines österreichischen Hauptmanns und bin froh, dass ich in der drückenden Schwüle vom Fußmarsch verschont werde.
Eine besondere Aufgabe habe ich zunächst nicht. Ich bleibe vielmehr in Merna als Verbindungsmann beim Stabsquartier der 26. Marsch-Brigade, während der Batteriefüherer sofort zur künftigen Feuerstellung weiterfährt.
Die Aufnahme bei den österreichischen Kameraden ist herzlich. Besonders tun sich hervor die Deutschmeister aus Wien. Sie bieten mir aus ihren Vorräten an, was sie besitzen, obwohl im ganzen Ort für Geld und gute Worte nichts weiter zu haben ist.
Aus der Bevölkerung werde ich zunächst nicht recht klug. Sie spricht teils italienisch, teils slovenisch und nur in geringem Umfange deutsch. Also halb Feind und halb Freund!
Erst gegen 10 Uhr abends werde ich von meinem Posten abgelöst. Die Geschütze sind inzwischen bei Micoli in die Feuerstellung gefahren. Ich gehe zur Sammelstelle der übrigen Fahrzeuge, Pferde und Mannschaften, die in einem kleinen Akazienwäldchen untergekrochen sind.
Zelte sind nicht aufgeschlagen. Das ist auch gar nicht nötig. Der Abend ist warm genug, um ihn unter freiem Himmel zuzubringen. Wir legen uns deshalb auf den nackten Erdboden, ziehen uns bis aufs Hemd aus und decken uns nur mit einer leichten Decke zu.
Es ist wie in den ersten Augusttagen des Vorjahres. Noch lange schaue ich in den sternklaren Himmel – mit mancherlei Gedanken im Hirn, bis mich schließlich gegen 12 Uhr nachts die Müdigkeit übermannt.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 6.7.
Barbara
Von Volčja Draga nach Merna sind es etwa 8km Fußmarsch. Da hat er Glück gehabt im Auto mitfahren zu dürfen. 😉
Barbara
Nachtrag:
Micoli ist von Volčja Draga noch mal etwa 16km entfernt. Ernst Pauleit befindet sich quasi auf halben Weg vom Bahnhof zu den Geschützstellung.
Googlemap:
https://www.google.de/maps/dir/Vol%C4%8Dja+Draga,+Slowenien/Micoli,+G%C3%B6rz,+Italien/@45.8798055,13.6281549,13z/data=!4m8!4m7!1m2!1m1!1s0x477b04174fd879bb:0x6d924da1a8d2be1e!1m2!1m1!1s0x477b081265fdb399:0xfa96203c5af2e65a!3e2
GertH
„Sie spricht teils italienisch, teils slovenisch und nur in geringem Umfange deutsch. Also halb Feind und halb Freund!“
Willkommen im k.u.k. Vielvölkerstaat und das waren eher Freund. Siehe Wikipediea „Triest“
„Von 1382 bis 1918 gehörte Triest zu Österreich.“
also gute 420 Jahre früher als z.B. das Land Salzburg.
Ich glaube in Triest wird noch immer alljährlich der Geburtstag von Kaiser Franz Joseph gefeiert. Die Stadt verlor ja auch stark an Einfluss und Wirtschaftskraft nach der Auflösung der k.u.k. Monarchie