1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

29.8.1914 Schlacht bei St. Quentin und La Fêre

/ / 1. Vormarsch im Westen. 9.8.14 - 6.9.14

Schlacht bei St. Quentin und La Fêre. Sadismus der Franzosen. 

Morgens 1 Uhr: Diesmal haben wir einen der anstrengendsten Tage hinter uns, da wir insgesamt 72km zurücklegten. Was das aber heißt, kann nur der ermessen, der dabei war.

Selbst, dass wir hin und wieder auf unseren Fahrzeugen aufsitzen durften, brachte uns keine Milderung der körperlichen Strapazen. Wohl konnten wir dabei unseren armen, geplagten Füßen eine kurze Rast gönnen; umso mehr aber wurde dann bei den Fahrten über Stock und Stein auf den nur durch harte Futtersäcke gepolsterten Sitzen der ungefederten Karren und Protzen unser Rückgrat – einschließlich seiner Verlängerung nach unten – zusammengestaucht.

Den Weg zum Feinde konnten wir übrigens kaum verfehlen. Er war gekennzeichnet durch zahlreiche brennende Gehöfte, die zum nicht geringen Teil von unseren Truppen aus der gleichen Ursache wie der Ort Langdrecies angezündet worden waren.

Die Erbitterung wuchs nach und nach ins Ungemessene. Immer und immer wieder wurden deutsche Soldaten – besonders Ulanen – aufgefunden, die bei dem ersten Ansturm in die Hände der Feinde gefallen und von diesen furchtbar verstümmelt waren. Mit sadistischer Grausamkeit hatte man ihnen einzelne Glieder (Nase, Ohren, Finger) abgeschnitten oder Mund und Nase mit Dreck verstopft, so dass die armen Kerle elendlich ersticken mussten.

Ob wir uns heute von den ausgestandenen körperlichen und seelischen Aufregungen etwas erholen können, erscheint noch fraglich — und doch würde uns eine Ausspannung gut tun, zumal die kaum fünfstündige Nachtruhe keine Auffrischung brachte. Sie wurde mehr als ein dutzend Mal von unseren Gäulen zerstört, die uns aus lauter Kohldampf das Lagerstroh unter dem Kopfe wegfraßen! Um 6 Uhr morgens hielt ich es deshalb für geraten, ihnen auch noch den letzten Rest freiwillig zu opfern und mich zu erheben.

Soeben – um 8 Uhr morgens – trifft die Nachricht ein, dass die Festung St. Quentin, gegen die wir heute mit in den Kampf ziehen sollten, noch gestern abend gefallen ist.

Wir werden nunmehr voraussichtlich das Sperrfort La Fêre unter die Lupe nehmen. Die Infanterie und Feldartillerie liegen sich mit dem Feinde bereits seit dem frühen Morgen in den Haaren.

Um halb 10 Uhr vormittags verlassen auch wir unser Lager, um weiter nach vorn zu rücken.

Halb 3 Uhr Nachmittags: Wir haben unsere Geschütze südlich der Stadt in Stellung gebracht und stehen wieder mitten im Kampf. Genau wie bei Namur, so sind wir auch hier bald vom Feinde erkannt. Dieser feuert heftig Granaten und Schrapnells auf uns, trifft aber glücklicherweise meist zu kurz.

Viertel vor 4 Uhr Nachmittags: Unsere Batterie hat insgesamt 32 Schuss abgegeben. Jetzt machen wir Feuerpause und warten — auf das Mittagessen.

Aber auch nach einem Schluck Wasser sehnen wir uns, denn wir kommen in der glühenden Sonnenhitze vor Durst fast um.

10 Uhr Abends: Es ist völlig dunkel geworden. Ohne, dass wir noch einmal geschossen haben, beziehen wir 5 km östlich unserer letzten Stellung Quartier in einem mir unbekannten Ort.

  1. Ist Ernst Pauleit bei der Geschüzbedienung gewesen oder beim Train…oder beides? Das ist mir nicht so ganz klar.

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    • mir auch nicht.

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      • Ich bin mir nach allem, was ich bisher gelesen habe, sehr sicher, dass E. Pauleit als Geschützkanonier gedient hat. Er schreibt heute , dass sie sich auf den ungefederten Protzensitzen „ausruhen “ konnten.
        Die Protze verband Pferde und Geschütz , insofern diente er am Geschütz. Das bisher Geschriebene klingt auch eher nach Feuerstellung als nach Train.

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      • Hallo ihr beiden. Was ist denn ein Train? Schonmal Danke für die Rückmeldung.

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        • Mit Train wurden damals die Nachschub/Versorgungseinheiten bezeichnet. Artilleriebatterien besaßen eigenen Teileinheiten die auch Train genannt wurden und die unmittelbare Versorgung, insbesondere mit Munition, sicherstellten .

          Der heutige Eintrag gibt aber noch einen weiteren Hinweis darauf, dass er unmittelbar am Geschütz, zumindest in der Feuerstellung eingesetzt war:
          Er schreibt, dass schon zum zweiten Mal, nachdem die Batterie gefeuert hatte, gegnerische Artillerie auf die Stellung schoss, aber zu kurz lag. Da aber die Protzen und andere Teile in der sog. Protzenstellung waren, die entfernt von der Feuerstellung lag und damals nur feuernde Batterien erkannt und gezielt beschossen werden konnten, spricht vieles für einen Einsatz unmittelbar in der Feuerstellung.

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        • Mit Train hat man seinerzeit Versorgung/Nachschubtruppen bezeichnet. Die Artilleriebatterien hatten eigene Teileinheiten für den unmittelbaren Nachschub, insb. mit Munition, die auch als Train bezeichnet wurden.
          Auch aus dem heutigen Eintrag spricht aber vieles für einen Einsatz am Geschütz, mindestens aber in der Feuerstellung: Er schreibt, dass – jetzt schon zum zweiten Mal- gegnerische Artillerie, gefeuert hat, nachdem die eigenen Geschütze geschossen hatten, das Feuer aber zu kurz lag. Die Protzen, Pferde und Verorgungseinheiten lagen in der sog. Protzenstellung, die in ausreichender Entfernung von den Geschützen in der Feuerstellung entfernt war. Da er unmittelbar vom Beschuss berichtet spricht vieles für einen Einsatz in der Feuerstellung.

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  2. Man sieht an den Schilderungen gut, wie Gewalt immer neue Gegengewalt erzeugt und in einer für alle Seiten grauenhaften Spirale endet. Warum muss dies auch noch heute immer und immer wieder und überall – im Kleinen wie im Großen – so sein?!

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  3. Aufgrund einer mehrtägigen Lesepause habe ich nun die letzten Tage in einem Rutsch durchgelesen – und bin erschüttert über die Grausamkeiten auf beiden Seiten und die anscheinend recht große persönliche geistige Unterstützung oder zumindest Akzeptanz und die Selbstverständlichkeit, mit der die Rache an der Zvilbevölkerung als gerechte notwendige Strafe geschildert wurde. Und das war alles gerade erst am Anfang des Krieges…
    Dieses Tagebuch fasziniert mich immer mehr, ich werde das Projekt ebenfalls finanziell unterstützen. Sehr hilfreich wäre eine Landkarte, aus der die Truppenbewegungen hervorgehen.

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    • In meinen Augen ist die gezeichnete Übersichtskarte im ‚Inhaltsverzeichnis‘ absolut ausreichend um die ‚Bewegungen‘ nachvollziehen zu können. Schon gesehen?

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  4. @Ralf:

    http://de.wikipedia.org/wiki/Train_%28milit%C3%A4risch%29

    Da gibt es auch Bilder. Gemeint ist mit Train die Nachschuborganisation für Munition, Ausrüstung, Verpflegung usw.

    Ein Bild zum 7. FußArt aus dem Juli 1914 findet sich hier:

    http://www.deutsche-kriegsgeschichte.de/bildfr09.html

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