Stellungswechsel nach Bas Flandre. Unfreiwilliger Marschaufenthalt. Die neuen Quartiere im Keller. Wechsel in der Batterieleitung.
Sonntag. 8 Uhr vormittags: Die Kälte dauert an. Der Fernsprechunterstand in der Batterie ist während der Nacht vom Batterieoffizier besetzt und schön geheizt worden, so dass wir jetzt fast mit der halben Batteriebedienung drin hocken, um uns zu wärmen.
Glücklicherweise werden wir den ganzen Tag nicht ein einziges Mal aus unserer traulichen Enge herausgerissen.
Halb 6 Uhr nachmittags kommt jedoch der Befehl: “r-r (Rohre frei)” – “Stellungswechsel vorbereiten!”
Mit ihm erfüllt sich die gestrige Ankündigung. Schweren Herzens packen wir unsere sieben Sachen.
Eine halbe Stunde später verlassen wir mit den Geschützen die Feuerstellung, fahren zum Quartier und laden hier den Rest unserer Habseligkeiten auf. Ein letzter wehmütiger Gruß dem alten, lieb gewordenen Heim, unseren schönen Kartoffel-, Zwiebel und Heizvorräten – und los geht die Fahrt.
Die Reise ist diesmal kurz. Schon nach einer Stunde sind wir am Bestimmungsort Bas Flandre, das am 20.10. Noch in feindlichem Besitz und von unserer Batterie beschossen worden war.
Kurz vor der Stellung machen wir Halt, da die von uns abzulösende 24. Reserve-Fußartillerie-Batterie – s. F.H. 13 – eben ihre letzten Vorbereitungen zum Abmarsch trifft und von unserer Batterie außerdem 2 Fahrzeuge (Zahlmeister- und Schmiedewagen) auf dem schmalen und schneeglatten Anmarschwege in die zu beiden Seiten ausgehobenen, etwa 1,50m tiefen ehemaligen englischen Schützengräben gerutscht sind.
Da helfen selbst 6 Pferde nicht mehr heraus. Die Kanoniere müssen heran – in wenigen Minuten ist der Schaden mit vereinten Kräften und dem altgewohnten, vertrauten “zu-gleich!” wieder behoben.
In der Zwischenzeit sind unsere Geschütze in die Stellung gefahren.
Wir Fernsprecher haben diesmal Glück. Die 3 km lange Leitung zur Beobachtung bleibt seitens der alten Batterie liegen. Wir können uns also sofort unseren Quartiersorgen widmen.
Unterkunft wird uns zugewiesen im Keller eines großen Gehöftes, das nur 20 Schritte Rückwärts der Geschütze liegt und auch von unseren Vorgängern benutzt worden ist. Die Belichtungs- und Luftverhältnisse scheinen aber mies zu sein. Nur 2 kleine Fenster sind vorhanden. Ein Öfchen ist eingebaut. Als Lager dient uns Stroh, das auf dem Kellerfußboden ausgebreitet ist. Im großen und ganzen sind wir anscheinend keinen guten Tausch eingegangen.
Der neben unserem Unterkunftsraum liegende weitere Kellerraum soll die Batterie-Fernsprecher aufnehmen. Man kann von ihm aus die Befehle direkt nach den Geschützen rufen, so das in Zukunft Ruhetag und Batteriedienst für uns Fernsprecher keinen Unterschied mehr zeigen werden.
Da unsere Batterie jetzt dem Armeekorps unmittelbar unterstellt ist, sind wir an das überaus umfangreiche Fernsprechernetz der 13. Division angeschlossen und müssen den in unserem Offiziersquartier (100m vorwärts) untergebrachten Fernsprech-Apparat dauernd – also Tag und Nacht – besetzt halten. Den Reigen des Fernsprechdienstes soll ich morgen früh um halb 8 Uhr eröffnen.
Unsere Geschütze können ebenfalls erst morgen eingerichtet und schussbereit gemacht werden. Die Bedienung ist in Gehöften dicht vor und hinter der Batterie (in etwa 50m Abstand) untergebracht.
Der heutige Tag bringt neben dem Stellungswechsel noch einen Wechsel in der Batterieleitung. Unser früherer Hauptmann P., der sich inzwischen wieder erholt hat, ist zur Batterie zurückgekehrt.
Oberleutnant K. – Als bisheriger stellv. Batterieführer – übernimmt seine alte Kolonne. Wir sehen ihn ungern scheiden. Unter seinem Kommando haben wir ein wirklich zufriedenes, einträchtiges und kameradschaftliches Leben geführt und ich möchte nur wünschen, dass dies auch in Zukunft so bleiben möge.
Sind wir denn nicht hier draußen – ob hoch oder niedrig – auf Gedeih und Verderb miteinander verbunden? Sollte nicht ein jeder unter uns sich stets bemühen, dem anderen das Leben leicht und erträglich zu gestalten?
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 23.11.