Marsch über Genappe, Lillois, bis Nivelles. Große Nachfrage nach Schokolade. Ausgezeichnete Unterkunft.
9 Uhr vormittags: Ein denkwürdiger Augenblick. Wir befinden uns auf dem Schlachtfelde von Waterloo, in der Nähe von Genappe. Etwa 200m vor uns grüßt uns von einem pyramidenförmig aufgeschütteten Erdhügel ein gewaltiger Löwe aus Stein. Er soll daran erinnern, dass vor rund 100 Jahren die gleichen Völker in dieser Gegend zur Schlacht rüsteten. Nicht nur Deutsche und Franzosen; unser Hauptmann erzählt uns vielmehr, dass inzwischen auch englische Truppen in Frankreich gelandet seien – diesmal allerdings als unsere Gegner und sicher mit weniger Sehnsucht nach den “Preussen” als ehedem.
Wir halten uns hier nur kurze Zeit auf und ziehen dann in Richtung Namur weiter.
1 Uhr mittags Rast in Lillois.
Halb 4 Uhr nachmittags sind wir in Nivelles. Die Bewohner machen recht erstaunte Gesichter und scheinen es gar nicht fassen zu können, dass die angeblich noch vor einigen Stunden hier weilenden belgischen Truppen plötzlich durch soviel ungezählte deutsche Soldaten ersetzt worden sind.
Ein Kuriosum: Alles kauft Schokolade – und in kurzer Zeit sind sämtliche Geschäfte leer.
Um 6 Uhr nachmittags kommt Befehl, in Nivelles Quartier zu beziehen. Die Bedienung des 4. Munitionswagens erhält Unterkunft in der Brüsseler Straße. Unsere Wirtin, deren Mann ebenfalls zum Heere eingezogen wurde, tischt uns zu 10 Mann ein vorzügliches Abendbrot (Eierkuchen mit Speck, Kartoffeln, Brot mit Butter und Gelee sowie Wein) auf. Wir sagen nicht nein — denn es gehört schon besonderes Glück dazu, wenn wir bei dieser täglichen Quartier-Suche nicht eine — Niete ziehen wollen.
Am Abend wird in der Batterie verkündet, dass die Festungen Belfort (also schon zum 2.Male??) und Namur gefallen seien. Die Türkei und Rumänien sollen an Russland den Krieg erklärt haben und die Italiener – als unsere Waffenbrüder – mit 14 Armeekorps in Frankreich einmarschiert sein.
Ein dreifaches Hurra folgt dieser “offiziellen” Mitteilung. Ob sie wirklich stimmt?
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 22.08.
Bobby
ich verfolge das Tagebuch seitdem ich auf Spiegel der Artikel dazu erschien…..sehr interessant. Und viel Erfolg das Projekt 4 Jahre lang durchzuziehen, ich hoffe du schaffst das!
Im heutigen Beitrag scheint er ja schon etwas daran zu zweifeln ob wirkliche alle „News“ so korrekt sind.
Ich finde es wirklich faszinierend das die Menschen noch so gastfreundlich sein konnten, wenn ihr eigenes Land besetzt wird und Krieg herrscht. Wurden die dazu gezwungen? Was war die Intention so gastfreundlich zum „Gegner“ zu sein? Angst?
Barbara
Hallo Bobby, wenn eine feindliche Armee durch das Land zieht, ist es schwierig denen nicht Gastfreundlich zu begegnen. Sie könnten sich ja auch alles mit Gewalt nehmen. 100 Jahre vorher -während der napoleonische Kriege- war das völlig normal.
Ich denke die Bewohner hoffen das ihr Hab und Gut halbwegs intakt bleibt.
Rob
Ganz nützlich zum daneben legen, wenn man, wie ich, nicht alle Daten jedes Ereignisses genau im Kopf hat:
http://de.wikipedia.org/wiki/Chronologie_des_Ersten_Weltkrieges
Bob
Ich finde das Projekt klasse und freue mich auf die nächsten 4 Jahre. Ich drücke die Daumen das es auch die ganze Zeit hindurch ein Erfolg bleibt. Gibt es eigentlich eine Statistik über die Leserzahl? Ich werde es einem befreundeten Geschichtslehrer für seinen Unterricht ans Herz legen. Ich hoffe das ist ok.
zum Text:
Wirkt es nur auf mich so oder spricht viel Gleichmut aus dem Verweis auf Waterloo? – So frei nach dem Motto, gestern Waffenbrüder heute Feinde, auch egal.
julian
Momentan habe ich etwa 1100 BesucherInnen am Tag, ca 800 Follower auf Twitter und ca 280 Menschen liken die Facebookseite.
Stefan
Mir geht es ganz ähnlich wie Bobby, auch ich verfolge das Tagebuch seit der Spiegel hierzu einen Bericht brachte.
Ineressant erscheinen mir besonders die dargelegten Erwartungen, Schlüsse (z.B. Franktireur-Überfälle) und Gerüchte, die geschildert werden, v.a. im Kontext unseres heutigen Wissenstandes.
Dieser Tagebucheintrag benennt z.B. den Kriegseintritt Rumäniens und Italiens auf Seiten der Mittelmächte; wie die Geschichte uns zeigte, waren die gehegten Zweifel in der Tat angebracht…
Matthias
Bei Wikipedia gibt es ein hübsches Foto von dem genannten Löwenhügel.
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a3/Belgique_Butte_du_Lion_dit_de_Waterloo.jpg
ulrike
Diese zusätzlichen Kommentare und Hinweise finde ich fast genauso spannendwie das Tagebuch selbst. Danke an alle!
Dietmar
Da kann ich nur zustimmen.
Und deshalb @julian die Frage:
Ist es möglich eine Rubrik ’neueste Kommentare“ einzurichten ? Zur Zeit ist es noch machbar die älteren Beiträge mal schnell zu checken, ob sich da noch etwas getan hat. Das wird aber sukzessive schwieriger werden…und da ich nicht wenigen Kommentaren schon Substanzielles entnommen habe, wäre es halt schade was zu verpassen…
Grüsse an alle.
julian
Ja, kann ich machen
Dietmar
Danke !
Jesper
Greetings from Waterloo!
I’m also a follower since I learned about the project from Spiegel.de and I very much appreciate the project. Great work…
Actually the Lion on top of the hill is made of Iron … and not stone :-)
http://en.wikipedia.org/wiki/Lion's_Mound
Viele Grüsse
Jesper
Barbara
Hallo Jesper, das ist richtig. War das Eisen nicht von den geschmolzenen Kanonen der Franzosen?
Ich war vor ein paar Jahren in Waterloo, das ist sehr beeindruckend.