Angriff der 16er Infanterie vom Feind abgeschlagen. Die Schwierigkeiten der Beobachtung. Die ersten Eisernen Kreuze. Batterieführerwechsel.
Gegen 7 Uhr morgens stehe ich auf. Ich finde infolge des heftigen Kanonendonners und Gewehrfeuers unmittelbar vor uns keine Ruhe mehr. Die gesamte Batterie liegt in Alarmbereitschaft. Wahrscheinlich werden wir trotzdem heute morgen noch hier bleiben, da ein von der 16er Infanterie unternommener Sturmangriff auf und über den Kanal hinaus von den Franzosen leider vorzeitig bemerkt und abgeschlagen worden ist.
Einstweilen beschäftigen wir uns mit Ausbesserungsarbeiten an unseren Fernsprecherkabeln. Nachdem wir die zerschossenen sieben endlich in Ordnung haben, kommt Befehl zum Strecken einer Leitung 2km rückwärts der Batterie auf eine Anhöhe nach dem Divisionsstab, von dem aus feindliche Artillerie beobachtet werden kann.
Die Arbeit erweist sich jedoch als nutzlos. Auf Befehl des Generals Schw., der auf unsere Anwesenheit scheinbar keinen Wert legt, rollen wir den Draht wieder auf und verlegen ihn anschließend nach einer Stelle zweieinhalb km seitwärts der Batterie.
Draußen gießt es in Strömen, und ich bin bald “bis auf die Haut” durchnässt. Mein Kamerad neben mir versucht mich zwar zu trösten, in dem er meint “weiter” ginge es ja doch nicht! Doch, wenn man schon 4 Tage ohne Mantel in der Gegend herumsaust und selbst die Nächte in klammer Kleidung zubringen muss, ist man für solch schwachen Trost nur wenig empfänglich.
Unsere Tätigkeit ist übrigens Danaidenarbeit. Auch die 2. Leitung wird, nachdem inzwischen bei dem trüben Wetter jede Sicht unmöglich geworden ist, wieder eingezogen.
Die Batterie schießt nunmehr mit der Hilfsbeobachtung auf dem Hausdach weiter.
Ob wir noch lange hier bleiben, ist ungewiss. Die Unterkunftsverhältnisse sind jedenfalls wenig verlockend und zwingen uns jetzt, unsere Zelte in der Nähe der Geschütze aufzuschlagen.
In der Batterie-Chronik habe ich nachzutragen, dass uns vorgestern eine besondere Ehrung zuteil wurde: Hauptmann P., Leutnant F., und Feldwebel Fl., erhielten anlässlich der Schlacht bei St. Quentin nachträglich das “Eiserne Kreuz II. Kl.” Dies soll uns allen ein Ansporn zu neuen Taten sein.
Der Hauptmann wird allerdings das Kriegshandwerk wohl die längste Zeit ausgeübt haben. Er ist heute erkrankt und verlässt uns. Die Führung der Batterie übernimmt bis auf weiteres Oberstleutnant K., der bisher die leichte Munitionskolonne unseres Bataillons leitete. Außerdem ist uns noch Leutnant B. zugeteilt worden.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 18.9.
Michael Hoffmann
Sind die Namen auch im Original Tagebuch anonymisiert, oder ist das wegen irgendwelchem Datenschutz in Deutschland?
(Gruss aus Australien von einem regelmaessigen Leser!)
Ernst Pauleit
Sind schon im Original-Tagebuch so, leider
Olli
Ist ja lustig – genau das gleiche wollte ich auch fragen…
Nun gut – dann bleibt mir nur ein „Weiter so!“ und „Sehr spannend, vielen Dank!“
Xandra
Mich würde interessieren, an was der Hauptmann erkrankt ist. Bei Wiki hatte ich gelesen, dass beim Stab der 3. Armee eine Ruhr- oder Typhuserkrankung umging. Klingt fast als würde das allgemein durch die Reihen ziehen…
Ernst Pauleit
Gute Frage. Typhus wird später noch einmal erwähnt.
Stefan
Interessant wäre auch zu erfahren, wofür die erwähnten Offiziere und der Feldwebel das Eiserne Kreuz II. Kl. erhalten haben. Respektive warum keine Soldaten und Unteroffiziere unter den Ausgezeichneten sind.
Andi
Meiner Meinung hat der Herr Hauptmann unter einem Stress-Syndrom gelitten. Kam relativ oft zu Beginn des Krieges vor
Wolfgang
Heute gelernt, was ‚Danaidenarbeit‘ ist…