Ein willkommenes Deckenlager. Stellungsbau bei Wavrin. Neue Angriffstaktik mit Kavallerie.
Halb 8 Uhr vormittags Wecken. Schlaf tadellos. Die Zelte werden abgebrochen. Mannschaften und Pferde erhalten Unterkunft in Häusern und Ställen.
Der Besitzer unseres kleinen, aus 3 ZImmern bestehenden Baues – ein Handelsmann in Decken und Wollsachen en gros und en detail – ist geflüchtet und hat alles im Stich gelassen. Wir machen es uns darum gemütlich und tun, als ob wir zu Hause wären.
Vor allem verstauen wir jeder zunächst einmal eine schöne dicke wollene Decke für die kalten Nächte im Freien. Dann geht es ans Zubereiten des Mittagmahles – Bratkartoffeln mit Fleisch. Eine Frau aus der Nachbarschaft spült Teller und Schüsseln und wäscht unsere Leibwäsche, so gut dies in der Eile möglich ist.
11 Uhr vormittags soll Appell in Stiefeln und Karabinern sein. Er wird jedoch in letzter Stunde wieder abgesagt. Statt dessen müssen wir uns 3 Uhr nachmittags zum Deckungsbau fertig machen. In eineinhalb-stündigem Marsch erreichen wir über Don und Wavrin die für uns bei Sainghin im freien Felde vorgesehene Stellung.
Die 4. Batterie steht bereits mit ihren Geschützen hier. Die anderen Batterien unseres Bataillons sollen nur dann einfahren, wenn es für unbedingt notwendig gehalten wird. Die Beobachtungsstelle befindet sich dicht bei der Batterie auf einem Strohschober.
Unsere Truppen beabsichtigen in diesem Frontabschnitt eine ganz neue Kampfweise.
Vor einigen Tagen hat man über 40 Kavallerie-Regimenter ausgeladen, die sich in Schützengräben verschanzt haben. Sie sollen den Feind bis fast zu unserer Artillerie heranlocken. Müssen sie der Übermacht weichen, dann verlassen sie mit den in der Nähe stehenden Pferden im Galopp ihre Stellung. Der nachstoßende Feind aber wird von unserer Infanterie und uns gebührend in Empfang genommen werden. Man hofft, ihm dabei starken Schaden zufügen zu können. Im Augenblick befindet sich eine Hauptstellung etwa 5km vor uns.
8 Uhr abends: Der Deckungsbau ist beendet. Im Dunkeln geht es über Felder und Wiesen mit Sang und Klang nach dem Quartier zurück, wo wir 9 Uhr eintreffen und uns gegen 10 Uhr – diesmal im wirklichen Sinne des Wortes – zu Bett legen.
Der nächste Tagebucheintrag folgt am 16.10.