1914-1918 – Die Entwicklung der Dinge

1.12.1914 Beförderung zum Gefreiten

/ / 11.10.1914 - 8.3.1915 In Französisch Flandern

Beförderung zum Gefreiten. Zufall und Wirklichkeit spielen eine wunderliche Rolle.

Meine Freizeit am gestrigen Tage habe ich unter anderem dazu benutzt, meinen Waffenrock das erste Mal während des Feldzuges von innen und außen gründlich auszuwaschen.

Welcher Gegensatz zum schönen Köln! Wenn ich da (mangels eigener Kluft) die 4. Garnitur für einen Sonntagsausflug ergattert hatte, so durfte ich bereits am nächsten Mittag mit ausgewaschenem Ärmelfutter zum Appell antreten!?! Ich konnte tausendmal davon überzeugt sein, dass der Leinenlappen schneeweiß aussehe – das findige Auge des selten gutgelaunten Kammerunteroffiziers stellte noch stets einen Mangel fest, der irgendeinen Posten für diesen Tag einbrachte.

Er hätte aber nur gestern sehen sollen, welche liebliche Brühe aus meinem Rock floss. Die Augen wären ihm übergegangen. Und hätten wir noch Friedenszeit, so wäre er sicher von einer Ohnmacht in die andere gefallen – oder ich auf Lebenszeit in den Kasten geflogen!?

Doch, kurz und gut. Warum ich heute überhaupt zu solchen Betrachtungen neige? Der neugewaschene Rock war am frühen Morgen noch nicht ganz trocken. Ich musste mir deshalb von einem Kameraden eine Drillichjacke leihen und mit dieser zum Fernsprechdienst am Divisons-Apparat wandern.

Ahnungslos begab ich mich dorthin. Gegen 10 Uhr vormittags kam unser Feldwebel. Er streckte mir unerwartet die Hände entgegen und sagten “Epee, ich gratuliere zur Beförderung zum Gefreiten. Ah, Du hast die Schnüre schon dran!”

Mein Herz schlug höher. Zum “Eisernen” nun auch noch die Knöpfe! Die Randbemerkung aber überhörte ich. Sie tauchte erst aus meinem Unterbewusstsein wieder auf, als kurz darauf Leutnant F. ebenfalls gratulierte und ein Kamerad neben mir seinen Blick starr nach meinem Halse richtete.

Jetzt befühlte ich meinen Kragen mit den Fingern und stellte zu meinem nicht geringen Schrecken fest, dass sich daran Gefreitenschnüre befanden. Ich hatte am Morgen in der Eile und Dunkelheit die Jacke eines Gefreiten angezogen.

So spielten Zufall und Wirklichkeit eine wunderliche Rolle in meinem Leben.

Mit mir aber sind übrigens noch 5 meiner Kameraden als Richtkanoniere zum Obergefreiten befördert worden. Das Wichtigste dabei ist aber: “10 Pfg. Gehaltserhöhung pro Tag. Hurra!”

2 Uhr mittags werde ich abgelöst. Am Nachmittag schießt unsere Batterie auf eine erkannte feindlcihe Steilfeuerbatterie mit einer Entfernung von 5400m.

Abendessen zur Feier des Tages: Pfannekuchen, Butterbrot mit Gulasch.

Der nächste Tagebucheintrag folgt am 2.12.

  1. Na das ging ja dann recht schnell. Hat bei mir – und den meisten Wehrpflichtigen meines Alters 6 Monate gedauert.
    Aber ein bischen ein Schweijk isser schon, unser Held… 🙂

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  2. Wieso schnell? Er hat ja schon in Friedenszeiten gedient!

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    • Zumal für Mannschaften beim Obergefreiten schon das Ende der Fahnenstange erreicht war. Da dürften Beförderungen ein seltenes Ereignis gewesen sein.

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  3. Interessant, dass er von Schnüren spricht. Denn eigentlich hatte man als Gefreiter Knöpfe am Kragen.

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  4. Trotzdem ein wenig verwirrend.
    Laut Wikipedia trugen Gefreite im Kaiserreich lediglich einen Knopf auf jeder Kragenseite. Bei Obergefreiten (ein Dienstgrad, den es interessanterweise nur bei der Fussartillerie gab) kamen dann noch Schnüre (Troddeln) dazu…
    Der Autor spricht aber ausdrücklich davon, dass er Schnüre an der Uniformjacke trüge…

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